Die Briefmarkengalerie tschechischer und slowakischer Graphik-Kunst



ANFÄNGE



HRADÈANY

Erster Briefmarkenentwurf Jindra Schmidts, entstanden im Jahr 1918 in Holzschnitt-Technik, unveröffentlicht



ADOLF HITLER

Erste offiziell ausgegebene Briefmarke
Jindra Schmidts
von ihm entworfen und gestochen
ausgegeben zum 54. Geburtstag Hitlers

Ausgabetag 20. April 1943
Böhmen und Mähren MiNr. 126
Jindra Schmidt hat sein Talent offenbar von seinem Vater, einem bekannten Prager Goldschmied. Schon mit vier Jahren war der kleine Jindra Vollwaise, als sein Vater während eines Hilfseinsatzes bei einem Hochwasser der Moldau ums Leben kam und wenig später auch die Mutter starb. Er wuchs daher bei seinen Verwandten, vor allem einem Onkel auf. Seine ersten künstlerischen Neigungen drückten sich in Aquarellmalereien aus. Als er sich aber nach der Schule einem Malereistudium an der Kunstgewerbehochschule in Prag zuwenden wollte, riet ihm sein Bruder Leopold, der dort studierte, davon ab. Und erst dadurch kam der junge Jindra mit graphischen Techniken in Berührung, als er im Jahr 1911 an einer der letzten Prager Holzschnitt-Werkstätten bei Karel Kubelka eine Lehre begann. Erst nach dieser gründlichen handwerklichen Ausbildung wechselte er zu Beginn des ersten Weltkriegs an die Hochschule, wo er bei Professor Arnošt Hofbauer (1869-1944) sich vielseitig bilden konnte und erstmals auch mit der Stechertechnik in Berührung kam. Nebenbei bildete er sich auch bei dem Maler Rudolf Vácha weiter. Direkt nach dem Studium nahm er im Jahr 1917 eine Beschäftigung als Mitarbeiter der Druckerei "Politika" auf, die bis 1929 dauern sollte. In dieser Firma wurde sein Interesse am Stahl- und Kupferstich weiter geweckt, weil dort zeitweise auch die Banknoten der 1918 gegründeten Tschechoslowakei gedruckt wurden. Aus dieser Zeit stammt auch Jindra Schmidts erster eigener Versuch, Briefmarken zu entwerfen bzw. zu stechen. In Holzschnitt-Technik schuf er mit weiteren Mitarbeitern der "Politika" im Jahr 1918 den links abgebildeten Briefmarkenentwurf mit Hradschin und den Wappen der Landesteile der Tschechoslowakei. Angeblich wurde der Entwurf zu spät im Postministerium abgegeben, so dass er nie als Briefmarke - vielleicht aber auch, weil vor allem das Hradschin-Motiv doch recht stark an Muchas Hradèany Marke erinnert. Und so sollte es noch viele Jahre dauern, bis es dem Künstler möglich wurde, seine Lebensaufgabe im Briefmarkenstechen zu finden.

Im Jahr 1929 wurde in Prag erstmals eine eigene staatliche Druckerei für die nationalen Banknoten der Tschechoslowakei im Gebäude der Nationalbank eingerichtet. Jindra Schmidt wechselte dorthin und erhielt dort am 7. September dieses Jahres eine Anstellung als Stecher für Banknoten, eine Tätigkeit, die ihn die nächsten Jahre beruflich voll ausfüllen sollte. Eine ganze Reihe der Entwürfe für diese Banknoten stammte vom damals bereits berühmten Maler Max Švabinský - und so begann hier eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Künstlern, die bis zum Tod Švabinskýs im Jahr 1962 äußerst fruchtbar war und deren Ergebnisse bei Briefmarken in dieser Schmidt-Abteilung der Galerie mit einer eigenen Seite unter dem Titel "Höhepunkt" gewürdigt wird. Zunächst aber beschränkte sich die Zusammenarbeit lediglich auf Banknoten. Švabinský hatte zur Zeit, als Schmidt in die Staatsdruckerei eintrat, bereits zwei Deutsche als Partner, mit denen er Banknoten schuf - Karl Seizinger, der damals bei ihm auch studierte, und Karl Wolf, den die Druckerei aus KuK-Zeiten als Angestellten übernommen hatte und der die erste Ausgabe der später in anderen Varianten berühmten Masaryk-Marke Max Švabinskýs stach. Die Zusammenarbeit mit Schmidt kam zunächst deswegen zustande, weil Švabinský immer häufiger Kritik an der Arbeit Karl Wolfs übte und Karl Seizinger - nach z.T. gerichtlichen Auseinandersetzungen - gekündigt wurde und dieser lediglich als freier Mitarbeiter weiter für die Druckerei arbeitete. Schmidt wurde Werkmeister in der galvanoplastischen und graphischen Abteilung der Druckerei und kam so oft mit Švabinský zusammen. Obwohl sich Jindra Schmidt in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen vor allem mit dem Stechen von Banknoten beschäftigte, gab es doch schon einige Versuche mit Briefmarken. So fertigte er beispielsweise einige Zeichnungen für die Entwürfe von Professor Josef Sejpka, die aber dann von Jaroslav Goldschmied gestochen wurden. Auch weitere Versuche von Schmidt fanden keine Berücksichtigung und wurden teilweise erst nach Ende der deutschen Besatzung 1946 und 1947 veröffentlicht. So erschienen bis zur Besetzung der Tschechei durch die Nationalsozialisten keine Briefmarken von Jindra Schmidt, obwohl er 10 Jahre für die Staatsdruckerei arbeitete. Es kann somit als eine gewisse Ironie der Geschichte angesehen werden, dass die erste Briefmarke des gefeiertsten Briefmarkenstechers der Tschechoslowakei von der deutschen Postverwaltung des Protektorats Böhmen und Mähren herausgegeben wurde und ausgerechnet Adolf Hitler zeigt, wie er von einem Fenster der Prager Burg auf Jindra Schmidts geliebtes Prag hinunterschaut ist (siehe links). Die von Jindra Schmidt auch entworfene Marke erschien zum 54. Geburtstags Hitlers am 20. April 1943 und ist mit Schmidts Initialen JS signiert.

Titelseite * Einleitung * Anfänge * Protektorat * Routine * Höhepunkt * Umìní * Stich * Briefmarken